Bericht: 2. antifaschistische Gedenkwanderung am 24.Juli 2021 von Strausberg zum ehemaligen Rittergut Garzau

27. Juli 2021

Knapp 40 Antifaschist*innen verschiedener Generationen trafen sich 9 Uhr morgens am S-Bahnhof Strausberg Stadt zum gemeinsamen Auftakt der antifaschistischen Gedenkwanderung. Entlang der Hegermühlenstraße ging es zum Gelände des ehemaligen Märkischen Walzwerks. In diesem ab 1934 aufgebauten Rüstungsbetrieb arbeiteten ca. 1.500 Zwangsarbeiter*innen aus verschiedenen Ländern, darunter auch KZ-Häftlinge. Untergebracht war ein Großteil der Zwangsarbeiter*innen im unmittelbar neben dem Walzwerk gelegenen „Ostlager Igelpfuhl“. Am Standort dieses Lagers gab es einen kurzen Vortrag zur Geschichte der NS-Zwangsarbeit und speziell in Strausberg und Umgebung. In diesem wurde auch auf die rassistischen Abstufungen aufmerksam gemacht, welche zwischen den Zwangsarbeiter*innen vorgenommen wurden. Seit 2002 gibt es zwar am Eingang zum heutigen Wasserwerk einen Gedenkstein für Zwangsarbeiter*innen in Strausberg. Unser Kreisverband setzt sich aktuell jedoch auch dafür ein, dass auch der Standort des ehemaligen KZ-Außenlagers Strausberg, das von November 1944 bis Kriegsende auf dem Gelände des Walzwerks bestand, durch ein Gedenkzeichen markiert wird.

Vom bestehenden Gedenkstein aus ging es gemeinsam am Annafließ vorbei über Wald- und Forstwege nach Rehfelde. Bei einer gemeinsamen frühen Mittagspause wurden die Teilnehmenden über die Stufen der Entrechtung von Jüd*innen im Nationalsozialismus aufgeklärt.

In Garzau ging es dann vor allem um jüdische Zwangsarbeit vor Ort. Hier konnte unser Kreisverband das Ehepaar Erika und Gerhard Schwarz, die das Buch „Das Rittergut Garzau und jüdische Zwangsarbeit“ geschrieben haben, für einen Einblick in ihre Recherchen gewinnen. Neben einem historischen Abriss über die Entwicklung des ehemaligen Rittergutes, gingen sie auch auf das Leben der 24 jüdischen Zwangsarbeiter*innen ein. Nur von zwei von ihnen, Werner Klopstock und Theodor Hammel, sind Fotos überliefert. Keiner der auf dem Rittergut Zwangsarbeit Leistenden überlebte die Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten.

Während ihrer Recherchen gelang es dem Ehepaar Schwarz, Kontakt zu der noch lebenden Nichte von Werner Klopstock, Gisèle Cailloux, aufzunehmen. Die Schwester von Werner Klopstock, Hanna Ruth, konnte 1939 nach Frankreich entkommen und überlebte dort in einem Kinderheim die nationalsozialistische Besatzung. Mithilfe von persönlichen Briefen, die Gisèle Cailloux zur Verfügung stellte, konnte so auch der sehr bewegende Kontakt der Familie Klopstock nachgezeichnet werden.

Nach der Verabschiedung vom Ehepaar Schwarz gingen die antifaschistischen Wanderer*innen nach einem kurzen Abstecher zur Felsenpyramide in Garzau durch Wälder und auf Feldwegen über Hohnstein zurück nach Strausberg. Trotz hohen Temperaturen und wenig Schatten war die Stimmung dabei gut und der Wegesrand bot mit Mirabellen kleine Erfrischungen. Am Gasthaus „Zum alten Steuerhaus“ lief die Gruppe mit Fahnen vorbei, um darauf aufmerksam zu machen, dass sich hier der Strausberger Stadtverband der „Alternative für Deutschland“ regelmäßig für Stammtische trifft.

Erschöpft aber glücklich fand die Wanderung um 17 Uhr am Bahnhof Strausberg Stadt ihr Ende, Interessierte erhielten hier die Möglichkeit, gegen Spende Gedenkpostkarten zu erwerben. Für einige aus der Runde endete die Wanderung bei schönstem Sonnenschein am Straussee.

Bericht: Peps Gutsche
Fotos: Samuel Signer