Viertes Antifaschistisches Wanderwochende zum Theresienstädter Außenlager Wulkow

28. November 2024

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Zum vierten Mal fand am Wochenende vom 25. – 27. Oktober 2024 das Antifaschistische Wanderwochenende des Arbeitskreises Wulkow der VVN-BdA Märkisch-Oderland statt. Seit fünf Jahren beschäftigt sich der Arbeitskreis Wulkow mit dem ehemaligen Außenlager des Ghettos Theresienstadt. Wulkow, eine kleine Gemeinde im Oderbruch, liegt etwa 50 km östlich von Berlin. Zum Ende des Krieges sollte dort eine Ausweichdienststelle für das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) errichtet werden. Dazu wurden 1944 fast 400 jüdische Häftlinge aus dem Ghetto Theresienstadt nach Wulkow deportiert.

Etwa 30 Teilnehmende fanden in diesem Jahr den Weg ins Schloss Trebnitz, um mehr über das Außenlager Wulkow und seine Häftlinge zu erfahren. Nach einem kurzen Kennenlernen untereinander bekam die Gruppe am Freitagabend eine Einführung in die im April veröffentlichte Onlineausstellung erinnerungsort-wulkow.de.

Am Samstagmorgen begann die Gruppe ihre etwa 16 Kilometer lange Wanderung von Trebnitz nach Wulkow. Am Bahnhof Trebnitz, dem Ankunftsort der Häftlinge aus Theresienstadt, wurde über die Deportation nach Wulkow sowie die ersten Tage und Nächte der Häftlinge im Außenlager gesprochen. Bei einer Zwischenstation wurden anhand der Biografien von Henry Frank und Hanuš Hron, die Verfolgungswege von Berlin bzw. Prag über das Ghetto Theresienstadt bis nach Wulkow nachgezeichnet.

Nach ihrer Ankunft in Wulkow besichtigte die Gruppe die Spuren des Lagers im Waldstück am Ortsausgang. Der Fokus lag hier auf der Thematik von Gewalt und Strafen im Lageralltag. Nach der Mittagspause, die wir dankenswerter Weise wieder auf dem Grundstück eines Wulkower Anwohners verbringen konnten, passierte die Gruppe die ehemalige Z-Baustelle, wo das Thema ländliche Umgebungsgesellschaft behandelt wurde. Auf einer letzten Zwischenstation während des Rückwegs nach Trebnitz ging es um die Deportationen aus Wulkow sowie die Auflösung des Lagers. Zudem wurde die Biografie von Albert Youngman vorgestellt, die den Ausgangspunkt für eine Diskussion zur juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen nach 1945 bildete und zugleich auf den nächsten Tag einstimmte.

Am Sonntag begann der Tag mit einem Spaziergang durch Trebnitz, bei dem an zwei Orten die Biografien von Ingeborg Kantor und Walter Grunwald durch Seminarteilnehmende vorgetragen wurden. Diese Geschichten boten persönliche Einblicke in die Schicksale weiterer Häftlinge. In einer letzten Station vor der Trebnitzer Kirche hielten wir als Arbeitskreis einen Input zur der Frage, wie sich die überlebenden Wulkower Häftlinge nach 1945 organisierten. Regelmäßige selbstorganisierte Treffen der Überlebenden dienten dem Austausch und der Bewahrung der Erinnerung. 1995 kehrte eine Gruppe von ehemaligen Häftlingen nach Wulkow und Trebnitz zurück. Unter anderem in der Trebnitzer Kirche fand ein Treffen mit älteren Anwohner:innen statt. Im Anschluss an den Rundgang bot die Videoaufzeichnung des Treffens der Gruppe einen bewegenden Einblick in die gelebte Erinnerungsarbeit der Überlebenden.

Ergänzend zu dem antifaschistischen Wanderseminar arbeitet der Arbeitskreis Wulkow kontinuierlich daran, die Geschichte des Außenlagers zugänglich zu machen. Seit April 2024 informiert der digitaler Erinnerungsort Wulkow über die Geschichte des Lagers und regt zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema an.

Durch die Abschlussreflexion der Teilnehmenden wurde wiederum deutlich, wie geeignet das Format ist, um sich vertiefend der Lagergeschichte zu widmen und dabei in Kontakt mit anderen interessierten Menschen aus unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft zu kommen.