Redebeitrag zur Kundgebung: „Kein Acker der AfD“

24. September 2020

Rede auf der Protestdemo am 5. September 2020 am „Alten Steuerhaus“ Strausberg

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Protestkundgebung „Kein Acker der AfD“ Mit dieser Veranstaltung sind wir Teil einer deutschlandweiten Bewegung von AntifaschistInnen, die sich mit großem Erfolg in allen Bundesländern den Aktivitäten der AfD entgegenstellt. Den Berliner Organisatoren der Bewegung „Kein Raum der AfD“ ist es bis jetzt gelungen, einen Parteitag der AfD zu verhindern, weil sich einfach kein Ort findet, an dem so ein Ereignis stattfinden kann. In diese Front wollen wir uns einreihen und dahingehend wirken, dass auch in Märkisch-Oderland die AfD keinen Raum, also keinen Acker bekommt.

Der Kreisverband Märkisch-Oderland der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten sieht sich dabei an der Seite aller Antifaschistinnen und Antifaschisten, die sich gemeinsam mit geschichtsbewussten Demokratinnen und Demokraten einer Partei in den Weg stellen, die durch ihre ideologische Ausrichtung in der Tradition der NSDAP steht und sich völkischen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus auf die Fahnen geschrieben hat. Da stellt sich die Frage: Wie kann es sein, dass sich 75 Jahre nach der militärischen Zerschlagung des Hitlerfaschismus erneut eine Partei etablieren kann, die in Teilen mittlerweile als faschistisch bezeichnet werden darf?

Auf der Potsdamer Konferenz 1945 beschlossen die Siegermächte des 2. Weltkrieges, dass Deutschland entnazifiziert wird, die faschistischen Machtstrukturen und Organisationen zerschlagen und somit Voraussetzungen geschaffen werden, dass Deutschland dauerhaft ein friedliebender Staat wird. Entsprechende Festlegungen wurden in den ersten Jahren nach dem Krieg, ausgehend von den unmittelbaren Erfahrungen mit dem Faschismus und des von ihm angezettelten Krieges vom Alliierten Kontrollrat beschlossen und hatten Gesetzeskraft für ganz Deutschland.

Die Väter des westdeutschen Grundgesetzes trugen dem Rechnung und schrieben den Fortbestand der vom Alliierten Kontrollrat erlassenen Gesetze und Direktiven mit antifaschistischer Ausrichtung im Artikel 139 GG fest und diese sollten von den Festlegungen im Grundgesetz keinesfalls außer Kraft gesetzt werden können. Das betraf unter anderem die Aussagen des Artikels 5 „Freie Meinungsäußerung“, der für faschistische und militaristische Ideologie nicht in Anspruch genommen werden kann. Mit dem Beginn des Kalten Krieges Anfang der 50er Jahre merkten die westlichen Alliierten, dass diese Festlegungen des Kontrollraten störend wirkten bei der Ausrichtung der Bundesrepublik als Speerspitze gen Osten und sie ließen zu, dass durch den Erlass von Gesetzen durch die Bundesregierung zur teilweisen Aufhebung des Besatzungsrechte in mehreren Stufen unter anderem die so wie so nur zögerlich durchgeführte Entnazifizierung gestoppt und die Widerbewaffnung der Bundesrepublik möglich wurde. Verkauft wurde das als erfolgreiche Rückgabe der Souveränitätsrechte von den Alliierten an die Bundesrepublik.

Wen wundert es bei dieser Vorgeschichte, dass im Verlaufe der Jahre Parteien wie die NPD in Westdeutschland Fuß fassen und im geeinten Deutschland ebenso wie die DVU und aktuell die AfD ihren Beitrag zur Restaurierung faschistischen Gedankengutes leisten konnten und heute auf der politischen Bühne eine wesentliche Rolle spielen? Neonazis und dem alten faschistischen Geist verhaftete Menschen sind wieder salonfähig in dieser Bundesrepublik. Selbst der gerichtlich bestätigte Faschist Björn Höcke und sein von Bayern nach Brandenburg exportierter ehemalige Bundeswehroffizier und Busenfreund Andreas Kalbitz dürfen ungestraft ihr Unwesen treiben. Die Grundlagen dafür wurden bereits in den 50er Jahren durch die Verwässerung entsprechender Festlegungen im Grundgesetz geschaffen. Und wir haben diese Bande heute am Hals und müssen uns mühsam Gehör verschaffen, um sie zu entlarven als das, was sie sind: die Erben der faschistischen Ideologie. Aber diesen Zustand wollen wir nicht widerstandslos hinnehmen. Deshalb sind wir heute hier und fordern: Kein Acker dem parlamentarischen Arm des faschistischen Ungeistes. Keine Versammlungsräume für die Gliederungen dar AfD, kein ns- Sturmlokal im „Alten Steuerhaus“.

Eine Partei wie die AfD hat kein Recht darauf, ihre Ränke zu schmieden in dem Glauben, dass das Grundgesetz sie dabei schützt. Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen. Und das sollte selbst dieses Grundgesetz nicht zulassen, welches FDJ- und KPD-Verbote geduldet hat.

Wir stehen hier, weil wir erkannt haben, dass die durch die Bundesrepublik beförderte Entwicklung wieder in einer Katastrophe enden kann. Das wollen wir verhindern und fordern deshalb friedlich, aber nachdrücklich: Kein Acker der AfD, nicht in Strausberg, nicht in Märkisch-Oderland, nicht in Brandenburg, nirgendwo in Deutschland!