Gedanken zum Mai 2020

9. Mai 2020

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Dieses Gelöbnis wurde vor 75 Jahren gesprochen und ging in die Geschichte als Schwur der Häftlinge von Buchenwald ein!
Im 75. Jahr nach diesem Gelöbnis leben wir in einem Staat und einer Gesellschaft, dessen Gesetze darauf ausgerichtet sind, möglichst billige und austauschbare Arbeitsplätze zu schaffen und somit den Profit für Wenige zu maximieren! Die oft bemängelte Ellenbogengesellschaft zeichnet sich zunehmend durch fehlende Solidarität zwischen den Menschen aus, oft auch durch Mobbing und übermäßigen Leistungsdruck. Der Arbeitslohn bzw. die erreichte Altersabsicherung reichen für viele gerade für ein Leben an der Armutsgrenze. Eine deutlich höhere Belastung tragen in dieser Gesellschaft oft die Frauen, die neben der Lohnarbeit den wesentlichen Teil der häuslichen Absicherung zu leisten haben – und das oft bei mangelnder öffentlicher Anerkennung.

Viele Menschen werden auf Grund ihrer Herkunft und ihres Status nicht in unserer Gesellschaft integriert. Sie bekommen die Diskriminierungen täglich zu spüren. Die derzeitige gesellschaftliche Krise wurde durch kein Virus verursacht. Sie wurde durch diesen nur für alle sichtbar und fühlbar gemacht, da jetzt der größte Teil der Bevölkerung stark betroffen ist!

Uns wird gesagt, dass dieses System alternativlos ist, dass der Wohlstand dieser Welt nicht für alle reicht, dass wir hungernde Kinder auch in unserem Land akzeptieren müssen, aber zugleich erleben wir eine Lebensmittelverschwendung großen Ausmaßes. Wir verfügen angeblich nicht über genügend bezahlbaren Wohnraum, erleben aber Leerstand an Wohnungen, weil auf steigende Mieten spekuliert werden darf und Wohnraum gewollt knapp und damit die Mieten künstlich hoch gehalten werden. Wir leben in einem Europa, in dem wieder der wirtschaftliche Wert eines Menschen darüber entscheidet, welche medizinische Behandlung er erfährt und das nicht erst seit heute, weil ein humanes Gesundheitswesen einer kontinuierlichen Profitmaximierung gewichen ist! Es gibt nicht genügend Ressourcen für alle. Nicht nur im Gesundheitswesen. Wir sind in einer Krise. Und zwar in einer gesamtgesellschaftlichen.

Das ist das heutige Gesicht unserer Gesellschaft! Dazu gehört auch die Schere zwischen Arm und Reich, die immer größer wird.
Um den Wohlstand in unserem Land zu erhalten, wird mehr und mehr die Umwelt vernichtet, werden die Kinder und Jugendlichen als Schulschwänzer beschimpft, die sich für größere Achtsamkeit der Natur gegenüber einsetzen!
Um die verbleibenden Ressourcen anderer Regionen unserer Welt für uns zu sichern, führt Deutschland wieder Krieg bzw. verkauft Waffen in Krisenregionen. Das soll angeblich die Wirtschaft für noch mehr Wachstum ankurbeln.

Das ist nicht die Welt, die den Buchenwaldhäftlingen nach ihrer Befreiung vorschwebte. Wir können in diesem Jahr am 1. und 8. Mai nicht wie in anderen Jahren unsere Stimme erheben und unsere Forderungen nach gesellschaftlichen Veränderungen kundtun. Aber wir wollen, dass der 8. Mai, der Tag der Befreiung vom Faschismus in Zukunft deutschlandweit ein gesetzlicher Feiertag und nicht weiter zum „Ende des Krieges“ herabgewürdigt wird. Wir protestieren dagegen, dass Nato-Soldaten, darunter auch deutsche Kontingente, weltweit wieder in den Krieg ziehen und Manöver an der russischen Grenze durchführen. Das in diesem Jahr geplante größte Manöver der NATO seit dem Ende des Kalten Krieges “Defender 2020“ in Osteuropa, direkt an der russischen Grenze wurde zwar abgebrochen, aber nicht wegen der Proteste der friedliebenden Kräfte, sondern wegen der Korona-Pandemie. Denn Nato-Strategen denken wieder über die Machbarkeit eines territorial geführten Atomkrieges nach! Und da will Deutschland dabei sein. Deshalb will die deutsche Verteidigungsministerin amerikanische Kampfjets kaufen. Wegen der atomaren Teilhabe. Uns wird gesagt, das diene der Erhaltung und Sicherung des Friedens und der Freiheit! Da passt es doch, dass sich die Mehrheit der Strausberger Stadtverordneten in namentlicher Abstimmung gegen einen Antrag der LINKEN ausgesprochen hat und damit den Beitritt der Stadt zum Kreis der bundesdeutschen Städte verhinderte, die sich für weltweite atomare Abrüstung einsetzen.

Die politische Realität in unserem Land ist eigentlich ernüchternd. Aber gerade wegen der widrigen Umstände, sollten wir alle anderen Medien nutzen, um uns Gehör zu verschaffen. Denn der faschistische Sumpf ist nach 75 Jahren immer noch nicht trockengelegt. Es werden täglich die Grundlage zukünftigen Lebens vernichtet, weil wir ohne Rücksicht auf nachfolgende Generationen die Umwelt schädigen. Unsere Freiheit und unser Reichtum basiert auf der Knechtung anderer Völker und hat wenig mit globaler Zusammenarbeit zu tun. Uns wird täglich vorgebetet „es gibt keine Alternative“, eine solidarische, auf Allgemeinwohl basierende Welt sei Utopie! Doch zeigen in der Vergangenheit geführte Kämpfe, derer wir im Mai besonders gedenken und die wir fortführen wollen, dass man diesem kapitalistischen, militaristischen und rassistischen System Grenzen setzen kann und muss! Und damit müssen wir jetzt anfangen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir sollten aufstehen gegen Krieg, Rassismus und gegen immer stärker werdende faschistische Kräfte, für eine bessere Welt in Freiheit, Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit, so wie von den AntifaschistInnen vor 75 Jahren erträumt.

Wir wollen uns später nicht selbst vorwerfen oder von anderen vorwerfen lassen, nichts gegen die heraufziehende Gefahr und die aktuellen Bedrohungen getan zu haben.
Für die Zukunft unserer Kinder!

Carsten Wenzel – Kreisvorstand VVN-BdA MOL