08. September 2019: Eindrucksvolle Ehrung für die Opfer des Faschismus
8. September 2019
Die traditionelle Gedenkveranstaltung zum Tag der Opfer des Faschismus, die der Kreisverband Märkisch-Oderland der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten immer am 2. Sonntag im September durchführt, fand in diesem Jahr eine besonders große Resonanz. Mehr als 60 Teilnehmer aus Strausberg und Umgebung nahmen daran teil, unter ihnen der Landtagsabgeordnete Marco Büchel (LINKE) und Strausbergs Bürgermeisterin Elke Stadeler. In ihrer Gedenkansprache schlug die ehemalige, mehrfach direkt gewählte Landtagsabgeordnete und heutige Leiterin des Moskauer Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung Kerstin Kaiser einen Bogen von der abenteuerlichen und erfolglosen Flucht deutscher Juden vor der Verfolgung im faschistischen Deutschland und deren Abweisung im Hafen von Havanna zu den Irrfahrten von aus dem Mittelmeer geretteten Flüchtlingen und das würdelose Tauziehen um die Aufnahme in einem sicheren Hafen eines EU-Landes. Diese erschreckenden Parallelen weisen auf den Zustand und die Verfasstheit der Europäischen Union hin, in der der Rechtsruck in einigen Mitgliedsländern zu einem Verkommen der Moral und der Abkehr von humanen Werten führen, wie sie u. a. in der Genfer Flüchtlingskonvention verankert sind. Die Rednerin warnte vor einem Fortsetzen dieser Politik und sieht auch in Deutschland eine Abkehr von den Werten des Grundgesetzes, der durch die Politik der Großen Koalition erheblicher Vorschub geleistet wird. Ein Ergebnis ist das Erstarken der AfD. Umso erfreulicher seien deshalb Reaktionen von Demokratinnen und Demokraten wie die auf die Konferenz der AfD in Neuenhagen zu einem national-sozialen Programm, der sich ein parteienübergreifendes Bündnis friedlich entgegenstellte. Besonders Mut mache die große Anzahl von jüngeren Menschen verschiedener Vereine und Organisationen, die das Bild des lautstarken Protestzuges durch Neuenhagen prägten, führte Kerstin Kaiser weiter aus. Sie mahnte an, künftig die politischen und kulturellen Anstrengungen im kommunalen und regionalen Bereich zu erhöhen, um das weitere Abgleiten der deutschen Gesellschaft nach rechts zu stoppen. Es helfe nicht, wenn Repräsentanten der Politik in Reden Antifaschismus begrüßten, im Alltag aber die Politik fortsetzten, die letzten Endes zu den Ursachen der AfD-Erfolge gehört. Das seien wir dem Vermächtnis der Opfer des Faschismus schuldig.
Die im Anschluss an die Kranzniederlegung in der Kreisgeschäftsstelle der LINKEN stattgefundene Buchlesung fand ebenfalls großes Interesse. Die Autoren des Buches „Das Rittergut Garzau und jüdische Zwangsarbeit“, das Ehepaar Erika und Gerhard Schwarz, zeichneten ein Bild der systematischen Vernichtung durch Arbeit, der sich jüdische Menschen im faschistischen Deutschland ausgesetzt sahen. Das alles geschah nicht irgendwann und irgendwo, sondern gerade mal vor 80 Jahren und in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Diese Tatsache berührte die Teilnehmer an der Lesung in besonderem Maße. Der Kreisverband der VVN-BdA MOL wünscht sich auch in den kommenden Jahren eine so starke öffentliche Aufmerksamkeit für das antifaschistische Gedenken.
Autor: Wolfram Wetzig, Kreisvorsitzender der VVN-BdA Märkisch Oderland